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Anhörung Groningen 26.10.12

Kurzbericht über die Demonstration und Anhörung in Bezug auf die Naturschutzrechtliche Genehmigung für das RWE Kohlekraftwerk in Eemshaven seitens der Provinzregierung in Groningen

 

Johann Smid, 29.10.2012

Bei meiner Ankunft in Groningen habe ich zuerst Ellen Farwick von der Milieufederatie in Groningen begrüßt später kamen Rechtsanwalt Musch, der
die Gemeinden Borkum, Norderney, Norden, Krummhörn und Jemgum vertritt,
und der Umweltbeauftragte von Borkum Jens Albrecht dazu. Hingewiesen habe
ich auf die radioaktive Strahlung von Kohlekraftwerken und dass nur unsere
Gruppe dieses Problem erwähnt hat und dies auch in der Anhörung
vorgebracht werden sollte.
Bei der Demonstration vor dem Provinciehuis war der Kohlosaurus das
Highlight. Er symbolisiert die alte schädliche Energiegewinnung seitens RWE
mit dem Kohlekraftwerk in Eemshaven und dass diese Technik nicht mehr
zeitgemäß ist. Greenpeace NL und die Bürgerinitiative Saubere Luft
Ostfriesland sowie Zuivere Energie und Co²ntramine hatten die Demonstration
organisiert. Die Beteiligung war aber nur gering, ca. 30 Demonstranten.
Im Eingangsbereich vom Provinciehuis traf ich Johann de Veer vom Dagblad
van het Norden. Ihm hatte ich am Vortag einige Zeitungsartikel zugeschickt und
eben auch, dass unser Bundestagsabgeordneter Thilo Hoppe kein Rederecht
bei der Anhörung erhalten hat. Ich kritisierte ebenfalls, dass alle privaten
Einwender, die mehr als 1,5km Radius vom RWE Kohlekraftwerk entfernt
wohnen, aus dem Verfahren als nicht betroffen rausgeworfen wurden. „Das
mag zwar formal-juristisch möglich sein, aber politisch geht das gar nicht!“ Er
hat das dann auch in der Samstagsausgabe der Zeitung gut herausgebracht!
Mariska Joustra, bei der Provinzverwaltung zuständig für die RWE
Genehmigung, meinte zu mir: „Eigentlich hatte ich Protest von Dir erwartet,
Johann, auf meine email, ihr hättet Euch ja als Sprecher einer Gruppe melden
können, z. B. Krummhörn.“ – „Wahrscheinlich ist das ein kulturelles
Missverständnis“, habe ich geantwortet, „wir haben die email als endgültige
Entscheidung verstanden.“
Bei der Rezeption der Provinzverwaltung wurden die Besucher in drei Gruppen
eingeteilt, Namenskarten mit grünem Punkt waren die jeweiligen Sprecher der
Organisationen, Namenskarten mit gelben Punkt waren die Unterstützer die in
der zweiten Reihe hinter den Sprechern sitzen durften und Namenskarten mit
schwarzen Punkt waren für die Besucher auf der Tribüne.
Etwas nach 12.00h eröffnet der Kommissionsvorsitzende Professor für
Staatsrecht Mijnheer Hans Engels die Anhörung.
Als erste darf die Rechtsanwältin von Greenpeace NL Frau Kloostra sprechen.
Sie kritisiert, dass das Kohlekraftwerk am Rande des Weltnaturerbe
Wattenmeer gebaut wird, dass die betroffenen deutschen Städte, Gemeinden
und Institutionen sowie die deutsche Öffentlichkeit nicht richtig informiert und
mit einbezogen worden sind. Der Sprecher der BI Ostfriesland Gerd Lefelmann
kritisiert, dass die Niederlande den CO² Ausstoß in den Jahren 1990 – 2009 um
22% erhöht haben, dabei fordert die E.U. eine Reduktion um mindestens 20%
bis 2020. Weiterhin bemängelt er, dass Beschwerden von über 6.200
Einzelpersonen, die weiter als 1,5km vom RWE Kohlekraftwerk entfernt
wohnen, nicht berücksichtigt worden sind. Zumindest die Personen, die
zusätzliche Aspekte zur Greenpeace Vorlage eingebracht haben, hätten gehört
werden müssen. Die langfristigen Auswirkungen auf die deutschen FFH Gebiete
seien nicht genügend berücksichtigt worden.
Egbert Brons vom Umweltverband Co²ntramine kritisiert, dass der Ausstoß an
Quecksilber vom RWE Kohlekraftwerk 1/3 höher ist als die jetzigen US-Normen.
In den USA würden deswegen über 200 alte Kohlekraftwerke stillgelegt und
über 800 KKW müssen dementsprechend modernisiert werden! Er spricht den
hohen CO² Ausstoß an, sowie den enormen Kühlwasserverbrauch. Weiterhin
weist er daraufhin, dass das RWE KKW laut Aussagen von RWE / Essent
Managern nicht wirtschaftlich arbeitet: der jetzige RWE Vorstandvorsitzende
Peter Terium am 28.3. 2011: “Het rendement is niet meer economisch op dit
moment.” Sowie Erwin van Laethem und Arjen Bloks am 15.8. 2012: ‘We
hebben een probleem met de rentabiliteit van de centrales. Nu schakelen we
nog bij met kolencentrales, maar als er straks een taks op komt, zetten we deze
niet aan.’ Das Problem der Nicht-Rentabilität des Kohlekraftwerks wird noch
durch die geplante “Kohlensteuer” in den Niederlanden verschärft!
Rechtsanwalt Musch trägt die Haupteinwände für den Klageverbund von Stadt
Borkum, Gemeinde Krummhörn, Gemeinde Jemgum, Landesverband
Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V., Bürgerinitiative Besorgte
Borkumer Bürger und die Stadt Norderney vor. Er kritisiert ebenfalls, dass
betroffene deutsche Gemeinden und Institutionen nicht genügend im
Verfahren eingebunden worden sind. Er bemängelt insbesondere, dass für die
Inseln Ameland und Schiermonikoog detaillierte Untersuchungen über die
Auswirkungen des RWE KKWs erstellt wurden; für Borkum, die anderen
ostfriesischen Inseln und das benachbarte Festland wie Krummhörn jedoch
nicht. Da ist nur eine 35-seitige Studie von einer Oldenburger Consulting
gemacht worden, welche lediglich Statistiken ausgewertet hat. Und genau
dieser Punkt sei doch vom Raad van State ausdrücklich kritisiert worden, dass
die Auswirkungen auf Borkum und die Ostfriesischen Inseln nicht genügend
berücksichtigt worden seien! Der Umweltbeauftragte von Borkum, Jens
Albrecht, erklärt ebenfalls, dass z.B. die Nationalparkverwaltung Wattenmeer
in Wilhelmshaven sowie die unteren Naturschutzbehörden der Landkreise
Aurich und Leer sowie das NLWKN in Norden nicht im Verfahren eingebunden
worden sind und man die vielen FFH, Vogelschutz- und Landschaftsschutzgebiete
in Ostfriesland nicht berücksichtigt hat, insbesondere nicht die
langfristigen Auswirkungen und Belastungen mit Schwermetallen.
Ähnliche und weitere Kritikpunkte wurden von der Waddenvereniging Herrn
Wouda und der Stiftung Natuur en Milieu Herrn Vollenbroek vorgetragen.
Interessant war die Reaktion von Rechtsanwalt Besselink für das
Provinzparlament / Gedeputeerde Staten. Die Provinz Groningen hat keinen
Einfluss auf deutsches Hoheitsgebiet. Erst auf Nachfrage, ob das denn mit
europäischem Recht vereinbar sei, gab er zu, dass man deutsche Institutionen
mehr hätte beteiligen können. Außerdem wäre noch eine weitere Studie über
die Auswirkungen des RWE KKW für die ostfriesischen Inseln in Bearbeitung.
Der Rechtsanwalt Peelen von der RWE wies jedoch alle Kritikpunkte eloquent
ab. RWE war mit sieben Rechtsanwälten bei der Anhörung vertreten, die Herrn
Peelen manchmal mit Argumenten unterstützten.
Bei der Anhörung gab es keine offizielle Übersetzung, nicht einmal für
Zusammenfassungen; Rechtsanwalt Musch hatte eine eigene Übersetzerin
mitgebracht. Gegen 16.30h schloss der Kommissionsvorsitzende die Anhörung.
Eine Entscheidung seitens der Provinzregierungen sei in sechs Wochen zu
erwarten. Zusatz: Für die Privatpersonen läuft jedoch die Einwendungsfrist
beim Raad van State am 20.11.2012 ab!

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